Rathaus-Umbau bringt neue Erkenntnisse zum Dachreiter und der astronomischen Uhr
Pressemitteilung vom 10.04.2014
Bislang gab es nur die chronikalische Überlieferung von Martin Crusius (1526-1607), die das Jahr 1511 als das Entstehungsjahr der astronomischen Uhr am Tübinger Rathaus dokumentiert („Anno 1511 die erste zeit- und schlagglock auf das rhathaus gehenkt“). Allerdings war Crusius kein Zeitzeuge und die Aufzeichnungen fragwürdig, da sie erst knapp 50 Jahre nach 1511 aufgeschrieben worden waren.
Eine historisch bedeutende Entdeckung machte nun während des derzeitigen Rathaus-Umbaus der Bauarchäologe Tilmann Marstaller. Der Forscher untersuchte den Rathaus-Dachreiter in Hinblick auf Funktion und Alter. Der Dachreiter ist das hölzerne Türmchen mit spitzem blau-grün gefärbtem Kupferdach, das hoch auf dem Dachfirst sitzt.
Die wissenschaftliche Untersuchung des Dachreiters ergab, dass das Holz, das für den Bau des Dachreiters eingesetzt wurde, aus dem Winter 1510/1511 stammt. Außerdem zeigt die Konstruktion des Dachreiters Reste eines Glockenstuhls, der das Gestänge für ein Geläut trug. Dies führt zu der Annahme, dass es auch eine Uhr gegeben haben muss, die das Anschlagen des Glockengeläuts ausgelöst hat.
Da nun der Glockenstuhl als ein mit der astronomischen Uhr in Verbindung stehendes Bauteil sicher auf 1511 datiert werden kann, ist davon auszugehen, dass Crusius’ Überlieferungen richtig sind und die Uhr tatsächlich 1511 am Rathaus angebracht wurde.
Die vorhandenen Reste des Glockenstuhls im Dachreiter geben zudem Anlass, neu darüber nachzudenken, ob die astronomische Uhr von Anfang an weiter oben im Dachgeschoss des Rathauses angebracht war und von dort das Anschlagen des Glockengeläuts ausgelöst haben könnte. Bislang hatte man angenommen, die Uhr sei ursprünglich im ersten Stock des Rathauses neben der Sprechkanzel angebracht gewesen und erst 1849, hoch in den Ziergiebel umgezogen worden.
Wegen des Umbaus des historischen Rathauses kann die astronomische Uhr zurzeit nur vom Marktplatz aus betrachtet werden. Führungen sind momentan nicht möglich.
Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen