„Kassiere und regiere!“ Die Mitmachausstellung zu 500 Jahren Tübinger Vertrag
Pressemitteilung vom 04.07.2014
5. Juli bis 2. November 2014, Stadtmuseum Tübingen
Die Besucher als Herzog: Wer das Tübinger Stadtmuseum betritt, bekommt ein Säckchen mit Goldmünzen überreicht und wird zum Geldausgeben ermuntert. Gelegenheit dazu bieten eigens konstruierte Spielautomaten in der Mitmachausstellung „Kassiere und regiere“, die ab Samstag, 5. Juli 2014, in der Kornhausstraße zu sehen ist. Die Automaten stehen für die typischen Ausgabeposten eines städtischen Haushalts. Hier können die Museumsmillionen ein- und umgesetzt werden.
Mit diesem spielerischen Ansatz transportiert das Stadtmuseum zentrale Themen aus der Zeit des Tübinger Vertrags in die Gegenwart. Mitbestimmung und Staatsfinanzen boten und bieten damals wie heute Anlass zu Streit. Über die Höhe der staatlichen Ausgaben und die Steuern wurde bereits vor 500 Jahren kontrovers und leidenschaftlich diskutiert. Herzog Ulrich konnte seine zerrütteten Staatsfinanzen ordnen, indem er im Tübinger Vertrag Zugeständnisse zur Mitbestimmung machte. Dennoch entschied der Herzog weitestgehend allein über die Ausgaben. In unserer heutigen Demokratie bestimmen die Bürger indirekt mit. Und im Stadtmuseum ist es der einzelne Besucher selbst, der ganz allein entscheidet, für welche Haushaltsposten seiner Stadt er Geld ausgeben möchte.
Von der Schule bis zur Obdachlosenhilfe, von der Feuerwehr bis hin zur Straßensanierung sind viele Themen dabei. In zwei Erlebnisräumen erfahren die Besucher ganz plastisch, wie zum Beispiel die städtischen Parks mit oder ohne öffentliche Finanzspritzen aussähen. An anderer Stelle dürfen sie mit Licht-Graffiti ein neues Jugendhaus einweihen oder die Sportförderung mit Muskelkraft ankurbeln. Am Automat mit „Kultur-Delikatessen“ können Päckchen mit großen oder kleinen Kultur-Geschenken gezogen werden. Tübinger Kultur-Institutionen haben diese für die Ausstellung gestaltet. Die interaktiven Automaten hat das Stadtmuseum in Zusammenarbeit mit Technikern und Künstlern des FabLab Neckaralb e.V. und dem Automatenkünstler Bernhard Deutsch entwickelt.
Am Ende kann jeder Besucher an den „Hebeln der Macht“ seinen eigenen Haushalt erstellen und überprüfen: Habe ich gut gewirtschaftet oder womöglich noch mehr Schulden gemacht als der Herzog vor 500 Jahren?
„Wir möchten einen niederschwelligen Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen“, erläutert Museumsleiterin Wiebke Ratzeburg das Ausstellungskonzept. „Groß und Klein sollen bei ‚Kassiere und Regiere!’ auf ihre Kosten kommen und einen Gewinn mit nach Hause nehmen.“
Automaten, Maschinen und Medien
Mit der Mitmachausstellung zeigt das Stadtmuseum vielfältige intermediale Präsenz: Die Automaten mit diversen technischen Effekten werden ergänzt durch eine Reihe von Audiostationen.
Zusätzlich kann sich der Museumsgast einen Audioguide ausleihen, der ihn in das 16. Jahrhundert zurückversetzt und durch die historischen Räume des Museums geleitet. Dort erzählen der Herzog Ulrich, sein Vogt Konrad Breuning und eine Tübinger Marktfrau in einem „Interview“ ihre Versionen der aufregenden Ereignisse rund um den Armen Konrad und den Tübinger Vertrag.
Die Unterzeichnung des Tübinger Vertrags jährt sich am 8. Juli zum 500. Mal. 1514 wurde er zwischen Herzog Ulrich und den Landständen geschlossen. Das Dokument schrieb erstmals Grund- und Mitbestimmungsrechte für die Bürger fest und beschränkte die Macht des Herzogs dauerhaft. Dies geschah vor allem über die Mitbestimmung bei der Verwendung von Haushaltsmitteln. Das Vertragswerk bedeutet einen historischen Einschnitt in die württembergische Geschichte.
Begleitprogramm
Tagesveranstaltungen, Workshops und Vorträge des Begleitprogramms zur Ausstellung füllen ein ganzes Heft.
Das Stadtmuseum beteiligt sich am Sonntag, 6. Juli 2014, am zweiten Tübinger Familientag mit Spiel und Kunsthandwerk wie vor 500 Jahren. Kinder und Erwachsene können ihre Geschicklichkeit mit der Gruppe „Lebendige Schwertkunst“ trainieren. Der Schreiber Andreas Lux verwandelt Vogelfedern in Schreibwerkzeuge und führt seine Schreibkunst vor. Für Kinder gibt es schön verzierte Buchstaben zum Ausmalen (siehe hierzu Pressemitteilung vom 27. Juni 2014).
Wenige Tage später folgt der nächste Höhepunkt, der Lange Samstag des Tübinger Vertrags am 12. Juli 2014. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv errichtet das Stadtmuseum in der Tübinger Altstadt elf Stationen, an denen man mit allen Sinnen in die Zeit der Renaissance eintauchen kann. An Originalschauplätzen erfährt man zudem viel Wissenswertes über den Tübinger Vertrag (siehe hierzu Pressemitteilung vom 4. Juli 2014).
Am Samstag, 26. Juli 2014, erwartet Kulturinteressierte das nächste Highlight: Das Re-naissance-Ensemble LALA HÖHÖ führt die „Missa in Summis“ auf, die vom damaligen Hofkapellmeister Heinrich Finck zu Herzog Ulrichs Hochzeit komponiert worden war.
www.tuebingen.de/stadtmuseum
www.tuebingen.de/tuebingervertrag
Ansprechpersonen
Wiebke Ratzeburg (Museumsleitung), Guido Szymanska (Projektleitung) und Daniela Übelhör (Projektmitarbeit)
Hinweis für die Presse: Fotos von der Ausstellung finden Sie bei uns im Download-Bereich: www.tuebingen.de/pressebilder
Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen