Tübinger Stadtmuseum restituiert ein Tuch mit hebräischer Inschrift
Pressemitteilung vom 27.03.2019
Das Tübinger Stadtmuseum hat ein Tuch mit hebräischer Inschrift, bei dem der Verdacht auf NS-Raubgut besteht, an die rechtlichen Nachfolger der jüdischen Gemeinde zurückgegeben. „Wir freuen uns sehr, dass das Tuch nun wieder Teil einer lebendigen jüdischen Gemeinde sein kann und in den religiösen Alltag integriert wird“, sagte Wiebke Ratzeburg, die Leiterin des Tübinger Stadtmuseums, bei der feierlichen Übergabe im Gemeindezentrum der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) am Dienstag, 26. März 2019, in Stuttgart.
Gemeinsam mit der Provenienzforscherin Dr. Andrea Richter überreichte sie das Tuch an Michael Kashi, Cláudia Marx Rosenstein und David Holinstat von der IRGW. Das Tuch soll künftig bei Gottesdiensten als Auflage für den Amud, das Lesepult des Vorbeters, in der kleinen Synagoge in Stuttgart dienen. Ein Foto davon wird zukünftig den Ausstellungsteil zur Tübinger Synagoge im Stadtmuseum Tübingen bereichern.
Das gewebte Tuch aus Wolle und Baumwolle mit hebräischer Inschrift stammt aus den 1920er-Jahren. Die Recherchen von Dr. Andrea Richter, Provenienzforscherin am Tübinger Stadtmuseum, haben ergeben, dass das Tuch eine Dankesgabe der Gesellschaft der Zionsfreunde war. Diese Bewegung war in Osteuropa verbreitet und unterstützte Auswanderer nach Palästina. Die Forschung zur Herkunft des Tuches war möglich, weil das Tübinger Stadtmuseum eine Stelle zur Provenienzforschung eingerichtet hat, die von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste Magdeburg gefördert wird.
Wie das Tuch einst nach Tübingen kam, ist nicht geklärt. Nach der Plünderung der hiesigen Synagoge soll eine Bürgerin das Tuch aus dem Neckar geborgen und aufbewahrt haben. Nachdem der evangelische Theologie-Professor Otto Michel im Jahr 1957 das Institutum Judaicum in Tübingen gegründet hatte, übergab man ihm das Tuch. Nach dessen Tod 1994 schenkte die Witwe Michels das Tuch dem Stadtmuseum Tübingen. „Vor allem dank der Recherchen von Dr. Adelheid Schlott zur Tübinger Synagoge war es möglich, den Zusammenhang des Tuches mit der jüdischen Gemeinde in Tübingen überhaupt erst herzustellen“, betonte Dr. Andrea Richter bei der Übergabe.
Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen