Betrieb in den Kitas: Gelungener Neustart unter schwieriger Bedingungen
Pressemitteilung vom 31.07.2020
Seit dem 29. Juni 2020 kehrt schrittweise Normalität in den Tübinger Kindertagesstätten ein. Inzwischen haben sie wieder für alle Kinder geöffnet – wenn auch unter teils schwierigen Bedingungen. „Wir waren sehr gespannt darauf, wie die Rückkehr der Kinder nach der langen Schließung gelingt“, sagt Jutta Hoffmann von der Fachabteilung Kindertagesbetreuung. „Einige Kinder benötigten eine Zeit der Eingewöhnung, um zurück in den Kindergartenalltag zu finden. Die meisten Kinder jedoch kamen am ersten Tag, als ob sie nie weg gewesen wären, enthusiastisch und mit Freude zurück.“
Zuvor galt es, den Vollbetrieb auf das Hygienekonzept anzupassen. Dazu mussten sich Eltern und Erzieherinnen auf neue Regeln für die Bring- und Abholsituation einstellen. Aber auch die Kinder mussten an die neuen Hygieneregeln gewöhnt werden, wie Händewaschen gleich nach Betreten der Kita, eingeschränkte Raumnutzung, Teilung der Außenspielfläche für feste Gruppen und getrennte Zugänge zum Haus. Zum Vesper mussten die Kinder ihr eigenes Essen mitbringen.
In den ersten Wochen der Öffnung konnten über 30 Mitarbeiterinnen in den städtischen Kitas ihre Tätigkeit noch nicht wieder aufnehmen, da sie zu einer Risikogruppe gehören und einen besonderen Schutz brauchen. Auch deshalb konnte die Stadt beim Neustart nur eine maximal siebenstündige Betreuung anbieten. Seit dem 8. Juli wurde das Angebot schrittweise in mehr als 80 Prozent der Gruppen mit Ganztagesbetreuung auf acht Stunden täglich ausgebaut. Ziel war es, dass die Betreuung weiterhin in möglichst konstanten Gruppen und ohne wechselnde pädagogische Fachkräfte stattfindet. So schreibt es auch die Corona-Verordnung vor. Eine zeitweise Zusammenlegung mehrere Kindergruppen, zum Beispiel in den Randzeiten, ist nicht deshalb nicht möglich.
„Seit etwa zwei Wochen haben wir zudem mit einer Erkältungswelle zu tun“, sagt Manfred Niewöhner, Leiter des Fachbereichs Bildung, Betreuung, Jugend und Sport. „Das verschärft die angespannte Personalsituation zusätzlich. Uns fehlen derzeit 120 Mitarbeiterinnen in den Kitas. Das sind fast 20 Prozent unserer Fachkräfte.“ Neben der neuen Krankheitswelle und den Kräften, die zur Risikogruppe gehören, nennt Manfred Niewöhner die nicht besetzten Stellen als Ursache für den Engpass. „Da ist ein Normalbetrieb mit den Betreuungszeiten wie in der Vor-Corona-Zeit kaum möglich“, sagt er. In einzelnen Einrichtungen ist der Personalmangel so eklatant, dass der Betrieb nur mit tageweise reduzierten Öffnungszeiten möglich ist.
„Wir wissen, dass dies für viele Familien eine große Einschränkung bedeutet“, sagt Dr. Daniela Harsch, Bürgermeisterin für Soziales. „Die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit ist durch diese Situation zusätzlich erschwert. Wir steuern gegen, wo wir nur können, um Härtefälle zu vermeiden.“ So wird Personal teilweise in fremden Kitas eingesetzt. Das stellt Erzieherinnen vor neue Herausforderungen; Kinder und Eltern müssen sich auf neue und wechselnde Bezugspersonen einstellen. „Aufgrund der hohen Bedeutung der Beziehungsqualität im Bereich der pädagogischen Arbeit mit Kindern von ein bis sechs Jahren ist das nicht einfach“, sagt Jutta Hoffmann von der Fachabteilung Kindertagesbetreuung.
Zusatzkräfte wie Praktikanten und Studierende sollen ebenfalls dazu beitragen, die Situation zu stabilisieren. In Einzelfällen können auch Eltern unterstützend mitarbeiten. Wer als Elternteil daran Interesse hat, kann sich direkt an das Kinderhaus wenden, in dem das eigene Kind betreut wird. Alle Zusatzkräfte benötigen ein polizeiliches Führungszeugnis.
Bei Krankheitssymptomen derzeit besonders vorsichtig zu sein, dient dem Schutz der Kinder und der pädagogischen Fachkräfte. „Kinder sollten möglichst symptomfrei die Kitas besuchen, es sei denn, ein Kinderarzt bestätigt die Unbedenklichkeit. Wenn es aber nur ein leichter Schnupfen ist, stellt das noch kein Problem dar“, erläutert Manfred Niewöhner.
Wie geht es weiter?
In den Sommerferien bietet die Stadt zum ersten Mal seit vielen Jahren keine zweiwöchige Feriennotbetreuung während der Schließzeit an. In der aktuellen Personalsituation ist diese zusätzliche Belastung nicht zu stemmen. „An den Reaktionen der Eltern merken wir allerdings, dass eine verlässliche Betreuung während der Regelöffnungszeit noch wichtiger ist als die zusätzliche Ferienbetreuung“, sagt Jutta Hoffmann.
Wie es nach den Sommerferien weitergeht, ist noch offen. Derzeit geht die Verwaltung davon aus, dass es Corona-bedingt weiterhin Einschränkungen geben wird. Auch für die Personalsituation ist keine Entspannung in Sicht. „Zwar konnten wir neue Mitarbeiter gewinnen, aber andere haben gekündigt, sind in den Ruhestand gegangen oder gehen in Elternzeit. Unter dem Strich wird sich die personelle Situation kurzfristig nicht verbessern“, so Niewöhner.
Zunächst starten die städtischen Kindertageseinrichtungen nach den Sommerferien mit den reduzierten Öffnungszeiten, die derzeit im Juli gelten. Sobald sich die personelle Situation entspannt und die Pandemie es zulässt, werden die Kindertageseinrichtungen nach und nach zu ihren eigentlichen Öffnungszeiten zurückkehren.
„Perspektivisch benötigen wir zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten und Qualifizierungsmaßnahmen“, so Dr. Daniela Harsch. „Über den Städtetag sind wir mit der Landesregierung im Austausch. Kurzfristig sehe ich jedoch keine Abhilfe.“
Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen