Aus dem Archiv geholt: Entwurf zur zweiten Fassung von Hölderlins „Patmos“-Gedicht
Pressemitteilung vom 10.11.2021
„Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch“: Kaum ein anderes Zitat wurde 2020, im Hölderlin-Jubiläums- und Corona-Jahr, häufiger gebraucht. Die Zeilen aus Friedrich Hölderlins Gedicht „Patmos“ vermitteln auch in einer Zeit der Gefährdung Zuversicht. Der Entwurf zur zweiten Fassung des Gedichts ist vom 11. bis 29. November 2021 im Rahmen der Reihe „Aus dem Archiv geholt“ im Museum Hölderlinturm zu sehen. Das Original ist eine Leihgabe aus den Bad Homburger Hölderlin-Beständen. Danach ist das Manuskript als Faksimile noch bis 2. Februar 2022 zu sehen. Die Schriftstellerin Olga Martynova hat dazu einen Kommentar verfasst, den man im kostenfreien Begleitheft zur Ausstellung oder unter www.hoelderlinturm.de nachlesen kann.
Friedrich Hölderlin hat das Gedicht „Patmos“ in einer persönlichen Krise verfasst: Im Juli 1802 war er wider Erwarten schon nach wenigen Monaten aus Bordeaux zurückgekehrt und hatte vom Tod seiner Geliebten, Susette Gontard, erfahren. Ende September begleitete er seinen Freund Isaak von Sinclair zur Regensburger Reichsdeputation und traf dabei wahrscheinlich den Landgrafen Friedrich V. Ludwig von Hessen-Homburg. Diese Reise und Begegnung nahm Hölderlin zum Anlass für ein Gedicht, das die Gültigkeit des göttlichen Wortes in einer gottverlassenen Zeit verhandelt. Zwischen 1802 und 1805 arbeitete er das Gedicht mehrmals um.
In der Reihe „Aus dem Archiv geholt“ zeigt das Museum Hölderlinturm wechselnde Originale aus verschiedenen Sammlungen: Manuskripte, Briefe und handschriftliche Dokumente von und an Hölderlin, die für einen kurzen Zeitraum im Hölderlinturm präsentiert werden. Jedes dieser Schaustücke wird dabei von einem wechselnden Gast kommentiert: Forscherinnen und Forscher, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Leserinnen und Leser gehen den Tintenklecksen und Entstehungshintergründen der Originale auf den Grund und werfen in einem kurzen, essayistischen Begleittext einen individuellen Blick auf die Objekte.