„Hermann Hesses Schweigen. ‚Das Glasperlenspiel‘ im nationalsozialistischen Deutschland“: Eröffnung der Wanderausstellung am 2. Juni
Pressemitteilung vom 23.05.2022
Wie positionierte sich der Schriftsteller Hermann Hesse zum Nationalsozialismus? Diese umstrittene Frage steht im Zentrum der Wanderausstellung „Hermann Hesses Schweigen“, die nun in Tübingen Halt macht. Zur Ausstellungseröffnung sind alle Interessierten herzlich eingeladen
am Donnerstag, 2. Juni 2022, 19 Uhr,
im Uhlandsaal der Museumsgesellschaft, Wilhelmstraße 3.
In einem Vortrag ordnet Dr. Jan-Pieter Barbian, Kulturhistoriker und Direktor der Stadtbibliothek Duisburg, Hesses Rolle im „Dritten Reich“ ein. In seinem Vortrag widmet er sich folgenden Fragen: Wie geriet Hermann Hesse in die Zwänge des NS-Regimes? Welche Rolle spielten dabei die verschiedenen Instanzen und Institutionen der NS-Kulturbürokratie? Und welchen Selbsttäuschungen saß der Schriftsteller dabei auf? Zudem führt der Kurator Lutz Dittrich in die Ausstellung ein und spricht über die politische Lesbarkeit von Hesses letztem Roman „Das Glasperlenspiel“. Die Veranstaltung wird gefördert von der Arbeitsstelle für literarische Museen in Baden-Württemberg (DLA Marbach). Der Eintritt ist frei.
„Das Glasperlenspiel“ ist Hesses Manifest eines ästhetischen Widerstands gegen totalitäre Verhältnisse. 1942 wurde die Veröffentlichung in Deutschland verboten, die Erstausgabe 1943 in der Schweiz blieb nahezu unbeachtet. Öffentlich positionierte sich Hesse nicht gegen das NS-Regime. Die Machthaber nutzten das während des Zweiten Weltkriegs in perfider Weise aus, indem sie ohne Hesses Zutun in den von der NSDAP gelenkten Besatzungszeitungen viele ältere Texte von ihm nachdrucken ließen. Hesse geriet zwischen die Fronten. Mit dem Roman „Das Glasperlenspiel“ haben Leser_innen und Literaturwissenschaftler_innen bis heute Verständnisschwierigkeiten. Darüber und über die Frage, inwieweit „Das Glasperlenspiel“, der Verleger Peter Suhrkamp und die Geschichte des 1950 gegründeten Suhrkamp Verlags zusammenhängen, spricht Lutz Dittrich.
Die Ausstellung „Hermann Hesses Schweigen. ‚Das Glasperlenspiel‘ im nationalsozialistischen Deutschland“ ist vom 3. Juni 2022 bis 23. April 2023 im Hesse-Kabinett zu sehen. Sie zeigt viele, zum Teil unbekannte Fotografien, zeitgeschichtliche Dokumente, wichtige handschriftliche Korrekturen im „Glasperlenspiel“-Typoskript, Frontbuchhandelsausgaben des S. Fischer/Suhrkamp-Verlags, Besatzungszeitungen mit Hesse-Texten, die Erstausgaben von 1943 und 1946 sowie Filmausschnitte, etwa von der Nobelpreis-Verleihung 1946. Audio-Beiträge laden zum Mit- und Nachhören ein.