Geplante Änderungen bei den Kita-Öffnungszeiten
Pressemitteilung vom 27.01.2023
In den Kindertagesstätten gibt es einen massiven Fachkräftemangel. Das führt dazu, dass Betreuungszeiten nicht verlässlich eingehalten werden können und keine verlässliche Angebotsstruktur angeboten werden kann. Deshalb möchte die Stadtverwaltung ihr Betreuungsangebot an die Verfügbarkeit des pädagogischen Personals anpassen.
„Wir wissen, dass die Situation weder für die Eltern noch für die Verwaltung einfach ist. Fakt ist, dass wir derzeit eine hohe Anzahl an offenen Stellen haben, aber keine Bewerber_innen. Das wird sich ad hoc auch nicht ändern. Aus diesem Grund schlägt die Stadtverwaltung eine Reduzierung des Betreuungsangebotes in Form von Änderungen der Öffnungszeiten vor. Damit wollen wir eine Verlässlichkeit schaffen mit der Familien im Alltag Planungssicherheit haben“, sagt Bürgermeisterin Daniela Harsch.
Die Fachabteilung Kindertagesbetreuung stand bei den Planungen in Kontakt mit dem Gesamtelternbeirat Kita (GEB). Bei einem gemeinsamen Workshop mit dem GEB und Vertreter_innen des Gemeinderates am 2. Dezember 2022 wurden Vorschläge und Forderungen gesammelt. Zu den wichtigsten Themen nimmt die Stadtverwaltung konkret Stellung:
- Thema: Betreuungsangebote bis 17/17.30 Uhr:
Stellungnahme der Stadt: Auf der Grundlage der Nutzerfrequenzanalyse (NFA) aus dem Jahr 2019 (insgesamt 35 Kinder in allen städtischen Kinderhäusern um 17 Uhr, insgesamt elf Kinder um 17.30 Uhr) geht die Verwaltung davon aus, dass die Anzahl der Plätze im Erweiterten Angebot bis 17 bzw. 17.30 Uhr, die sich aus der aktualisierten Öffnungszeitenstruktur ergeben, genügen wird, um die aktuellen Bedarfe zu erfüllen. Insgesamt werden für diese Zeiten (17/17.30 Uhr) 120 Plätze zur Verfügung stehen. Allerdings werden die Plätze nicht immer wohnortnah zur Verfügung angeboten werden können. Selbstverständlich sind die Zahlen aus 2019 nicht gänzlich übertragbar, sie geben aber einen deutlichen Hinweis, der auch durch die aktuellen Erfahrungen gestützt wird. Aufgrund des Personalmangels bietet derzeit nur ein Kinderhaus in einer Gruppe eine Öffnungszeit bis 17 bzw. 17.30 Uhr an. Die Angebote mussten bereits in den vergangenen Jahren reduziert werden. Sollte sich auf der Grundlage des Anmeldeverfahrens herausstellen, dass der Bedarf bis 17/17.30 Uhr in der Summe höher ist als das Angebot, wird die Verwaltung gezielt Personal suchen, um bedarfsgerecht weitere Plätze im Erweiterten Angebot zu schaffen.
- Thema: Wohnortnahe und ausreichende Betreuung bis 16.30 Uhr
Stellungnahme der Stadt: Es ist vorgesehen, weiterhin in allen Sozialräumen mindestens eine Einrichtung mit Betreuungszeiten bis 16.30 Uhr an drei bis fünf Tagen anzubieten. Sollte sich dies mit den vorhandenen Personalressourcen aktuell nicht realisieren lassen, wird gezielt und mit höchster Dringlichkeit Personalakquise für diese Einrichtungen betrieben.
- Thema: Fachkräfte in den Frühbausteinen
Stellungnahme der Stadt: Während der Frühöffnungszeit von 7:00 bis 7:30 Uhr müssen mindestens zwei Personen in der Kita anwesend sein, davon mindestens eine Fachkraft. Grundsätzlich könnten zwei Zusatzkräfte als Ersatz der zweiten Fachkraft eingesetzt werden, in der Praxis zeigt sich jedoch, dass hierfür weder Zusatzkräfte zur Verfügung stehen noch diese eine verlässliche Betreuungssituation bieten können.
- Thema: Nichtfachkräfte/Eltern übernehmen Betreuung in den späten Nachmittagsstunden
Stellungnahme der Stadt: Dies ist möglich, wenn die Betreuung im direkten Anschluss und unabhängig von der städtischen Betreuung erfolgt. Dies hat rechtliche Gründe. Möglich ist, dass einem Elternverein die Räumlichkeiten vertraglich überlassen werden. Vereinsmitglieder könnten dann die Betreuung der Kinder übernehmen. Die Stadt lässt aktuell einen
entsprechenden Mustervertrag und eine Mustersatzung zur Vereinsgründung ausarbeiten. Der Verein kann auch weitere Personen z.B. Studierende anstellen, die
Betreuungszeiten übernehmen (hier gelten dann nicht die Personalschlüssel und
Anforderung an die Zusatzkräfte, die für städtische Kinderhäuser vorgeschrieben sind).
Die Finanzierung erforderlicher Honorarmittel sind zwischen den Vereinen und der
Verwaltung zu klären.
- Thema: Keine Stelle wird gestrichen
Stellungnahme der Stadt: Entgegen den geäußerten Befürchtungen wird die neue Angebotsstruktur nicht zur Folge haben, dass unbesetzte Stellenanteile eingespart werden. Sie werden auch nicht aus dem Stellenplan gestrichen. Die Mittel zur Finanzierung der Stellen stehen weiterhin bereit.
- Thema: Anreize für Betreuung in den „Spätschichten“
Stellungnahme der Stadt: Die Stadt führt mit dem Personalrat Gespräche über die Möglichkeit von finanziellen Anreizen für Erzieher_innen, die an frühen Abendstunden (bis max. 17.30 Uhr) oder Freitagnachmittagen in den Kinderhäusern arbeiten. Zudem soll die im Tarifvertrag vereinbarte Zulage für Anleitungstätigkeit auch für Anleitung von DHBW-Studenten gelten. Beide Ansätze sind übertarifliche Lösungen und es muss eine Zustimmung des
Personalrats und des Gemeinderats vorliegen.
- Thema: Ausbildung ausbauen und verstärkt fachfremde Einstellungen vornehmen
Stellungnahme der Stadt: In der Abteilung Kindertagesbetreuung wurden in den vergangenen Jahren der Bereich der Ausbildung (siehe TIP, Vorlage 5/2023) und Beschäftigung massiv ausgebaut. Dies bezieht sich auf sämtliche Bereiche und Zugangsqualifikationen wie PIA-Stellen, Berufspraktikant_innen, DHBW-Studierende, Quereinsteiger_innen, Zusatzkräfte (z.B. fachfremde Personen, Studierende), FSJ und hauswirtschaftliche Kräfte. Sämtliche
geeignete Auszubildende werden nach Abschluss übernommen, auch wenn
gewünschte Stellenanteile über freie Stellenanteile in KH hinausgehen.
Thema: Auszubildende werden noch stärker unterstützt
Stellungnahme der Stadt: Die Betreuung und Begleitung der Auszubildenden wurde ausführlich in Vorlage 5/2023 beschrieben. Die Auszubildenden werden die gesamte Ausbildung über intensiv begleitet und beraten (z.B. bei Problemen in der Einrichtung, bei schulischen Problemen etc.). Ausländische Auszubildende werden durch städtische Sprachkurse
unterstützt. Es ist gelungen, die Abbruchquote deutlich zu reduzieren. Zusätzlich
werden über 60 städtische Wohnungen für junge Auszubildende u.a. in erzieherischen
Berufen geschaffen (Umbau IB-Gebäude Eugenstraße zu Wohnungen, Projekt
Hechinger Eck).
Thema: Personalgewinnung und Personalbindung
Stellungnahme der Stadt: Die Stadtverwaltung wirbt mit größeren und auch kleineren Maßnahmen intensiv um Personal in den Kinderhäusern. Im Folgenden kann nur auf einige der Maßnahmen eingegangen werden.
Die Erzieher_innen sollen in den Einrichtungen von allen Tätigkeiten entlastet werden,
die nicht direkt mit der Arbeit mit den Kindern zu tun haben. Dazu wurden Hauswirtschaftskräfte flächendeckend eingestellt. Den Auszubildenden werden frühzeitig Übernahmeangebote gemacht. Die angebotenen Stellen sind unbefristet. Die Vergütung erfolgt direkt in Erfahrungsstufe 2 (und nicht in Stufe 1, wie eigentlich vorgesehen).
Die Stadtverwaltung ist bemüht, allen Beschäftigten einen Arbeitsvertrag nach individuellem Stundenwunsch anzubieten. Gleichzeitig erschwert dies in Teilen die Dienstplangestaltung.
Seit einigen Jahren werden alle Schwangerschaftsvertretungen unbefristet ausgeschrieben. Seit 2023 gilt dies auch für Leitungskräfte in Kitas bis SuE 13.
Über das Projekt TIP werden Geflüchtete unterstützt auf dem Weg zu einem erzieherischen Beruf. Bewerbungsverfahren wurden mehrfach beschleunigt und individuelle Einzelfallberatung zu Aufenthaltstitel etc. vorgenommen.
Bezüglich der Gewinnung von Nichtfachkräften ist die Stadt aktuell in Gesprächen mit
der Leitung der Universität Tübingen, um über eine breit angelegte Akquise verstärkt Studierende für eine Betreuungstätigkeit für die Frühbausteine und die Nachmittagsbetreuung zu gewinnen. Erfahrungen zeigen aber, dass ein verlässlicher Einsatz von Studierenden aufgrund der Semesterferien und verändernden Vorlesungsplänen sowie Klausurenphasen etc. problematisch sein kann.
Bürgermeisterin, Fachbereichsleitung und Abteilungsleitung besuchen – wenn
gewünscht – alle Beschäftigten bei Dienstjubiläen persönlich am Arbeitsplatz und
nehmen sich Zeit für lange Gespräche zur Situation in den jeweiligen Kinderhäusern.
- Thema: Grundsätzliche Bemühungen zur Personalgewinnung in der Stadtverwaltung
Stellungnahme der Stadt: Im Rahmen des stadtinternen Projektes „Mitarbeitende finden und binden“ werden eine große Vielzahl und Vielfalt unterschiedlichster Ansätze und Ideen (Homepage überarbeiten, Landing Page für Stellen und Ausbildung, freiwillige Sozialleistungen, Jahresarbeitszeitkonten, Prämienmodelle, Mentoring für neue MA u.v.m.) bearbeitet im Hinblick auf die Optimierung und Verbesserung der Situation in allen Fachbereichen der
Stadtverwaltung.
- Thema: Arbeitgeber/Universität mit Betriebskitas haben Wettbewerbsvorteile und stellen sich ihrer Verantwortung
Stellungnahme der Stadt: Die Stadt führt Gespräche mit der Universität Tübingen/Studierendenwerk mit dem Ziel, wieder verstärkt Betreuungskapazitäten zu erstellen und Verantwortung zu übernehmen (vgl. UKT). Insbesondere das Studierendenwerk hat sich dieser
Verantwortung entzogen. Darüber hinaus sieht die Verwaltung auch die großen
Arbeitgeber der Stadt in der Pflicht, Angebote für die Kinderbetreuung zu machen – aber auch, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter zu verbessern.
- Thema: Informationen des Gemeinderates
Stellungnahme der Stadt: Der Gemeinderat wird halbjährlich über die Personalsituation in der Kindertagesbetreuung und in der Schulkindbetreuung sowie über Möglichkeiten von Öffnungszeitenerweiterungen informiert.
Die Stadtverwaltung hat ihre Vorschläge zur Angebotsreduzierung aufgrund der Argumente des Gesamtelternbeirates überarbeitet. Für die Umsetzung einer strukturellen Öffnungszeitreduzierung wurden folgende Grundüberlegungen getroffen:
- Die größtmögliche Zahl von Kinder erhalten ein Platzangebot, auch wenn dies insgesamt eine Einschränkung der Öffnungszeiten der Angebote bedeuten kann.
- Das Angebot der Mittagessensversorgung soll stabil bleiben.
- Weiterhin sollen maximal zwei Öffnungszeitvarianten in einer Kita angeboten werden.
- Es soll weiterhin Gruppen mit Frühbaustein geben.
- In zwei Einrichtungen (insg. bis zu vier Gruppen) werden Öffnungszeiten bis 17.30 Uhr angeboten.
- Außenstellen mit nur einer Gruppe werden stillgelegt (Ausnahme Bebenhausen).
- Nachträglich in das Raumprogramm aufgenommene ½ Gruppen stellen temporär den Betrieb ein.
- Gruppen mit hohem Sanierungsbedarf werden stillgelegt.
Mit den folgenden Ergänzungen:
- Sämtliche freie Stellen stehen weiterhin im Stellenplan zur Verfügung.
- Sollte sich auf der Grundlage des Anmeldeverfahrens herausstellen, dass der Bedarf bis 17 /17.30 Uhr in der Summe höher ist als das Angebot, wird die Verwaltung gezielt Personal suchen, um bedarfsgerecht weitere Plätze im Erweiterten Angebot zu
schaffen.
- Für Spätdienste in Kinderhäusern bis 17.30 Uhr sollen neue (und ggf. übertarifliche) Anreize geschaffen werden.
- Betreuung durch Eltern an Nachmittagen nach Schließung der Kinderhäuser soll ermöglicht werden. Möglich ist, dass einem Elternverein die Räumlichkeiten vertraglich überlassen werden. Vereinsmitglieder könnten dann die Betreuung der Kinder übernehmen. Die Stadt lässt aktuell einen entsprechenden Mustervertrag und eine Mustersatzung zur Vereinsgründung ausarbeiten.
Öffnungszeiten:
„In der Praxis schauen wir uns jede Gruppe an. Wie viel Personal ist verfügbar? Wie sieht der Mindestpersonalschlüssel aus und welche Öffnungszeit kann ich auf dieser Grundlage mit dem vorhandenen Personal anbieten? Eine Rochade der Mitarbeiter_innen ist nicht vorgesehen“, sagt Bettina Mohr, Leiterin der Fachabteilung Kindertagesbetreuung.
„Ich verstehe den Unmut der Eltern. Aber derzeit ist der Vorschlag der Stadtverwaltung die beste Lösung. Ich möchte betonen, dass keine Stellen abgebaut werden und sobald Personal da ist, das Angebot wieder angepasst wird“, sagt Bürgermeisterin Daniela Harsch.
Zu den Vorlagen
Vorlage 6/2023: www.tuebingen.de/ratsdokumente/vorlage/6/2023
Vorlage 6c/2023: www.tuebingen.de/ratsdokumente/vorlage/6c/2023