Koloniale Orte in Tübingen: Digitale Stadtkarte des Stadtmuseums
Pressemitteilung vom 06.04.2023
Tübingen und der Kolonialismus: Was hat eine schwäbische Provinzstadt mit europäisch besetzten Ländern im Globalen Süden zu tun? Erstaunlich viel. Im vergangenen Jahr ist das Stadtmuseum Tübingen den Spuren der Kolonialzeit nachgegangen und dabei an vielen Orten fündig geworden. Die Kolonialgeschichte Tübingens lässt sich jetzt auf einer neuen digitalen Stadtkarte erkunden, die unter www.koloniale-orte-tuebingen.de abrufbar ist.
„Kolonialismus spielt sich nicht nur an fernen Orten ab. Wer vor der eigenen Haustür sucht, findet Spuren der Kolonialzeit überall“, sagt Projektleiterin Dr. Evamarie Blattner. Die digitale Stadtkarte enthält Informationen zu 19 verschiedenen Orten in Tübingen, die einen Bezug zur Kolonialgeschichte haben. Texte und Bilder berichten von Kolonialgouverneuren und falschen Generälen, von Bierbrauern in China und Missionaren in Zentralafrika, von kolonialen Waren in Feinkostgeschäften und von Palmenhäusern, aber auch von Forschungsexpeditionen und Völkermorden.
Bereits im Sommer 2022 hatte das Stadtmuseum 13 Stelen an kolonialen Orten im Tübinger Stadtgebiet verteilt und dazu gut besuchte Stadtführungen veranstaltet. Viele Bürger_innen brachten ihre kolonialen Geschichten und Gegenstände zu Workshops ins Museum. Die Ergebnisse aus den Workshops, die Informationen der Stelen und weiterführendes Material finden sich nun auf der digitalen Stadtkarte wieder. Das Projekt „Koloniale Orte in Tübingen“ entstand in Kooperation mit dem Deutschen Seminar der Universität Tübingen und wurde entwickelt im Rahmen von „dive.in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Rahmen Neustart Kultur.
Als nächstes beschäftigt sich das Stadtmuseum mit postkolonialen Herausforderungen und nimmt die postkoloniale Geschichte Tübingens ab 1945 und die Auswirkungen in der Stadt bis heute in den Fokus. Die Mitarbeiter_innen recherchieren umfassend in Archiven und betreiben Feldforschung. Im Laufe des Jahres finden Workshops, Vorträge und Führungen statt. Dafür erhält das Stadtmuseum eine Förderung durch den Innovationsfonds Kunst des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Die Ergebnisse beider Projekte werden schließlich in der neuen Dauerausstellung zur Stadtgeschichte zu sehen sein.