Königlicher Besuch im Stadtmuseum: Die Māori-Prinzessin und James Cook
Pressemitteilung vom 01.12.2023
Das Stadtmuseum Tübingen zeigt bis zum 25. Februar 2024 das Poupou aus der Ethnologischen Sammlung der Universität Tübingen. Dabei handelt es sich um ein geschnitztes Ahnenbild der Māori aus Neuseeland aus dem 18. Jahrhundert. Es kam an Bord der Endeavour von James Cook 1771 nach Europa und gelangte 1937 über Wien nach Tübingen. Studierende der Ethnologie haben zur Bedeutung, Herkunft und Reise des Poupou recherchiert und die Ergebnisse gemeinsam mit Dr. Evamarie Blatter vom Stadtmuseum im Laborraum (Post)Kolonialismus in einer kleinen Studioausstellung zusammengestellt.
Entdeckung des Poupou
Im Jahr 1996 machte der damalige Kurator der Ethnologischen Sammlung der Universität, Dr. Volker Harms, einen spektakulären Fund: Durch seine Recherche konnte er eine Verbindung zwischen einer Zeichnung aus London und der vorhandenen Holzstele herstellen – und sie dadurch als Poupou, eine Ahnendarstellung der Māori, identifizieren. So wusste man auch, dass das Poupou bei der ersten Pazifikreise von James Cook nach Europa kam. Denn der Botaniker an Bord, Joseph Banks, ließ nach der Ankunft in England seine Sammlung von Pflanzen und Kulturgütern, die er sich auf der Reise aneignete, zeichnen – darunter auch das Poupou.
Als James Cook 1769 in Tolaga Bay in Neuseeland an Land ging, empfingen die Māori ihn wohlwollend. Möglicherweise war dies Tupaia, dem Navigator und Priester des Schiffs, zu verdanken, der aufgrund seiner Herkunft und seiner Sprachkenntnisse nahezu heldenhaften Status bei den Māori genoss. Dadurch lässt sich auch erklären, warum das außergewöhnliche Schnitzwerk an Bord der Endeavour kam.
Wer ist das Poupou?
Laut Überlieferung gehörte das Poupou einer Māori-Adligen mit dem Namen Hinematioro. Das Poupou verkörpert eine Vorfahrin aus ihrem hoch angesehen Adelsgeschlecht und der Gemeinschaft Te Aitanga-a-Hauiti. So hielten die Māori diese Ahnin lebendig und veranschaulichten ihre Geschichte im Schnitzwerk. Für die Māori ist das Poupou kein bloßes Kunstwerk, sondern es verkörpert zugleich eine lebende Person.
Das Poupou im Stadtmuseum
Studierende der Universität Tübingen haben in einem Studienprojekt im Seminar von Dr. Markus Schleiter und Lisa Priester-Lasch die Geschichte des Poupou erarbeitet. Das geschah in enger Kooperation mit Personen aus Tolaga Bay in Neuseeland – Dr. Schleiter war selbst vor Ort und die Studierenden kommunizierten über Video-Konferenzen mit den Personen in Tolaga Bay. „Die Recherchen waren eine spannende Erfahrung – durch die Gespräche lernten wir, was verschiedene Māori heute über das Poupou und seine Geschichte erzählen“, erzählt die beteiligte Studentin Johanna Annau. Die Studierenden legten besonderes Augenmerk auf die Beziehung zu James Cook, dem Schiffsnavigator Tupaia und der Adligen Māori Hinematioro. Durch sie soll das Poupou an die Crew von James Cook gelangt sein.
„Das Poupou war schon lange nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich – nun gibt es drei Monate lang die Gelegenheit, die Erkenntnisse der Studierenden und das Schnitzwerk, das für die Māori eine lebende Ahnin ist, zu besichtigen“, sagt Dr. Evamarie Blattner, Kuratorin der Ausstellung. Bei der Ausstellung handelt es sich um eine Kooperation des Stadtmuseums mit der Abteilung Ethnologie der Universität. Langfristig soll aus den Recherchen der Studierenden ein größeres Projekt im Museum der Universität werden.
Das Stadtmuseum befasst sich seit eineinhalb Jahren mit (post)kolonialen Verwicklungen von Tübingen und hat in diesem Zusammenhang den Laborraum (Post)Kolonialismus eingerichtet. Zahlreiche Vorträge, Seminare, Führungen, Workshops und Empowerment-Veranstaltungen haben bereits stattgefunden. Ergebnisse der Veranstaltungen sowie umfangreiche Recherchen fließen in einen eigenen Ausstellungsraum innerhalb der neuen Dauerausstellung ein. Die Präsentation des Poupous reiht sich in dieses Gesamtprojekt ein – denn es ist ein anschauliches Beispiel für die Verstrickungen, die Sammlungen aller Art weltweit haben, und wie damit heute umgegangen wird.
Königlicher Besuch im Stadtmuseum: Die Māori-Prinzessin und James Cook
1. Dezember 2023 bis 25. Februar 2024
Mittwoch, Freitag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr, Donnerstag 11 bis 1 Uhr
Stadtmuseum Tübingen, Kornhausstraße 10
Eintritt frei
Führungen zur Ausstellung:
Donnerstag, 14. Dezember 2023, 17 Uhr
Wie eine Māori Ahnin nach Tübingen kam – die spannende Reise des Poupou
mit Johanna Annau
Sonntag, 28. Januar 2024, 15 Uhr
Tupaia und die Māori Prinzessin – Begegnungen mit James Cook
mit Johanna Annau und Berenice Schramm
Sonntag, 25. Februar 2024, 15 Uhr
Das Poupou reist mit James Cook
mit Johanna Annau