Doppelte Ausstellungseröffnung im Stadtmuseum
Pressemitteilung vom 18.10.2024
Ab sofort kann man im Stadtmuseum zwei neue Ausstellungen anschauen: „Meyers Minis – Big in London. Ein Tübinger Maler am englischen Hof“ und „PORTRÄT. Acht Künstler_innen des Künstlerbundes – Kunst im Dialog mit dem Stadtmuseum“. Die Ausstellungen laufen bis zum 11. Mai 2025.
„Meyers Minis – Big in London. Ein Tübinger Maler am englischen Hof“
Die Ausstellung
Der Tübinger Künstler Jeremiah Meyer war im 18. Jahrhundert einer der angesehensten Londoner Porträtmaler. Seine Biografie war in Tübingen kaum bekannt, bis Luise Schreiber-Knaus und Peter Knaus 2018 einen Vortrag beim Schwäbischen Heimatbund hielten und ihre Forschungen zu Jeremiah Meyer vorstellten. „Als wir diese längst vergessene Geschichte gehört haben, war klar, dass wir das Schaffen von Jeremiah Meyer im Stadtmuseum präsentieren müssen“, sagt Dr. Evamarie Blattner, Kuratorin der Ausstellung. In der Ausstellung werden nun die Biografie sowie anhand von ausgewählten Originalen die Bandbreite der Miniaturmalerei Meyers und seine ausgereifte Technik vorgestellt, genauso die Funktion der Miniaturen und ihr Aufbau. Des Weiteren beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Thema Miniaturen in der Gegenwart, denn digitale kleine Bildnisse gibt es zu Hauf. Mitmachstationen laden zum Ausprobieren ein und stellen eine faszinierende Verbindung her zwischen den heutigen Porträts und ihren kunstvoll gemalten Vorläufern aus dem 18. Jahrhundert.
Der Künstler
Jeremiah Meyer ist 1739 in Tübingen geboren und erlebte hier eine entbehrungsreiche Kindheit. Innerhalb eines Jahres starben seine Mutter und alle vier Geschwister. Der Vater, Wolfgang Dietrich Majer, war Maler und häufig beim Herzog in Stuttgart beschäftigt. Deswegen war Jeremiah Meyer schon früh auf sich selbst gestellt und verbrachte viel Zeit bei Verwandten in Ebingen und Bodelshausen. Eine Erbschaft von seinem Großvater änderte seine Situation grundlegend: Damit konnten die Schulden der Familie, die durch den Wohnungskauf in der Münzgasse 6 entstanden sind, bezahlt werden, außerdem ermöglichte sie Vater und Sohn eine Reise nach London. Beide erhofften sich dort künstlerischen Erfolg.
Jeremiah Meyer arbeitete in London in Ateliers von ebenfalls aus Deutschland stammenden Künstlern. Dort verdiente er sich einmal ein einträgliches Einkommen und erlernte gleichzeitig die Miniatur- und Emailmalerei. Er änderte hier auch die Schreibweise seines Nachnamens in Meyer. Zur weiteren Ausbildung schrieb Meyer sich an der St. Martins Lane Academy ein und nahm Malunterricht bei namhaften Londoner Künstlern, etwa bei Joshua Reynolds.
Während sein Vater nach fünf Jahren wieder nach Tübingen zurückkehrte, erlangte Jeremiah große Bekanntheit in London und stellte regelmäßig in der Society of Arts aus. Er nahm die englische Staatbürgerschaft an und heiratete die Künstlerin Barbara Marsden.
1764 beriefen ihn König Georg III. und Königin Charlotte zum königlichen Miniatur- und Emailmaler. Dies steigerte sein Ansehen noch einmal mehr, auch in der Künstlerkollegenschaft. So zählte Meyer zu den Gründungsmitgliedern der Royal Academy of Arts und konnte dort seinen Einfluss in der Lehre geltend machen. Jeremiah Meyer verstand es zudem, sich in der Londoner Gesellschaft zu bewegen, was ihm viele weitere Auftraggeber sicherte. Als er 1789 in Kew bei London starb, hatte er über 800 Porträts gemalt und galt unerreicht im Anfertigen von Miniaturen. Seine Werke befinden sich heute im Besitz der englischen Königsfamilie in Windsor Castle, dem British Museum, dem Ashmolean Museum Oxford, im Kunst Museum Winterthur, in der Sammlung Tansey in Celle sowie in zahlreichen Privatsammlungen auch in Deutschland. Das Stadtmuseum präsentiert einen Auszug aus seinem umfangreichen Werk.
Die Miniaturen
Das Herstellen von Miniaturen erfordert eine ganz bestimmte Technik: von der Behandlung des Bildträgers Elfenbein, der Präparierung der Pigmente bis hin zum detaillierten Farbauftrag. Meyer perfektionierte seine Technik mit feinen Punkten und Schraffuren. Diese Technik ermöglichte es ihm, feine Nuancen bei seinen Porträts herauszuarbeiten und gleichzeitig schneller seine Werke fertigzustellen.
Eine weitere Technik, die Meyer beherrschte, ist die Emailmalerei. Sie erforderte viel technisches Wissen und Erfahrung. Diese Technik war noch aufwändiger und kostspieliger, weil die Farben bei genau festgelegten Temperaturen eingebrannt werden mussten. Unterschiedliche Farbabstufungen erreichte Meyer durch verschiedene Brennzeiten oder durch seine Schraffurtechnik.
Nachdem das Porträt ausgeführt war, erfolgte die Rahmung. Häufig wurden die Bildnisse je nach Funktion weiterverarbeitet: als Anhänger, Anstecknadel, Armband, Ring oder als Schmuck von Schatullen und Etuis.
Katalog und Begleitprogramm zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog. Außerdem gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Vorträgen und Workshops.
Porträt. Acht Künstler_innen des Künstlerbundes
Die zweite Ausstellung bezieht sich auf die Ausstellung „Meyers Minis – Big in London. Ein Tübinger Maler am englischen Hof“. Mitglieder des Künstlerbundes beschäftigten sich mit dem Thema Porträt: Acht ganz unterschiedliche Positionen werden präsentiert, die zeigen, dass das Genre des Bildnisses immer noch große Aktualität hat und es eine große Bandbreite der Annäherung an das Thema gibt: Von dem Versuch der mimetischen Abbildung, die auch immer über die bloße Nachahmung hinausgeht, bis hin zu stark psychologisierenden Porträts, die eine innere Mentalität einfangen. Dann gibt es auch Beispiele, die das Thema der Miniatur aufnehmen. Die intimen Kleinformate, aber auch die Großformate mit großen Gesten zeigen, wie aktuell das Thema Bildnis heute noch ist.
Es sind Bilder ausgestellt von:
Axel von Criegern, Birgit Dehn, Ralf Ehmann, Beatrix Giebel, Susanne Höfler, Frido Hohberger, Jürgen Klugmann, Helga Seidenthal