Zur Geschichte der astronomischen Uhr
Johannes Stöffler wird die Konstruktion der astronomischen Uhr im Jahre 1511 zugeschrieben. Endgültig bewiesen werden kann die Urheberschaft Stöfflers zwar nicht, da drei Jahre nach seinem Tod (1531) die Sapienz, das älteste Universitätshaus, vollständig abbrannte und dabei die Bibliothek und die Archive vernichtet wurden. Aussagen von Zeitgenossen aus dem 16. Jahrhundert – unter anderem Johannes Kepler und Martin Crusius – lassen jedoch kaum Zweifel, dass Stöffler die Uhr am Tübinger Rathaus konstruiert und gebaut hat.
Die Uhr war bis zum Jahr 1849 im ersten Stock des Rathauses in einem Erker an der Stelle der heutigen Kanzel, untergebracht. Beim Umbau wurde die astronomische Uhr in den Ziergiebel im vierten Obergeschoss versetzt.
Die beiden Uhrtafeln – das Stundenzifferblatt und die Tierkreiszeichen – wurden 1849/50 ganz im bisherigen Stil erneuert. Die alte Uhrtafel mit den Tierkreiszeichen wurde rückseitig als Stundenzifferblatt wieder verwendet und erst 1969, bei der letzten großen Rathausrenovierung, durch eine neue Tafel ersetzt.
Der Umzug unters Dach bekam der Uhr jedoch nicht gut: In den Folgejahren mussten mehrfach Reparaturen durchgeführt werden. Nach einer Ortsbesichtigung im Jahr 1888 wurde aus Kostengründen die alte Stundenuhr durch eine neue ersetzt und verschrottet. Aber auch die neue Stundenuhr harmonierte nicht richtig mit dem astronomischen Uhrwerk. Letzteres blieb wiederholt stehen; während des zweiten Weltkrieges schließlich konnte es dann überhaupt nicht mehr in Gang gebracht werden. Erst 1949 wurde die Uhrenanlage repariert, wobei allerdings die Reparatur der astronomischen Uhr auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde.
1979 erhielt die Uhr eine Synchron-Hauptuhr mit Quarz-Steuerung und ein Glockenspiel, das seither den "Kopenhagener Rathausschlag" intoniert – aufgrund von Anwohnerprotesten allerdings seit 1988 nur noch um 9, 12, 16 und 18 Uhr.
Zwei Uhrenfreunden aus Ulm und Tübingen ist es schließlich zu verdanken, dass am Tübinger Rathaus wieder alle Uhren richtig gehen. Bei einer Ortsbesichtigung mit Bestandsaufnahme stellten sie fest, dass der Instandsetzungsaufwand geringer war als befürchtet. Und so konnte Ende 1993 das alte Uhrwerk wieder instand gesetzt werden. Seit dem 16. Dezember 1993 geht die astronomische Uhr wieder störungsfrei und astronomisch genau.
Texte nach Karl Schmid und Herbert Schmitt