Dezember 2023: Das Stadtarchiv stellt Dissertation über die Tübinger Flurnamen online
Im Februar 1961 reichte Hermann Rumpp aus Nagold bei der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen seine volkskundlich-philologische Doktorarbeit über die Tübinger Flurnamen ein. Bereits 1954 hatte er begonnen – zunächst im Auftrag des Städtischen Kulturamts – die Flurnamen der Gemarkung einschließlich der Ortsteile Lustnau, Derendingen, Waldhausen und Ammern zu dokumentieren. Dazu wertete er amtliche und archivalische Quellen wie Urkunden und Lagerbücher aus. Außerdem befragte er die Bevölkerung und vor allem die Feldschützen, mit denen er oft im Gelände unterwegs war. Im Anschluss daran baute Hermann Rumpp die städtische Auftragsarbeit zu einer Dissertation aus, in welcher er schließlich 1300 Flurnamen nachweisen konnte. Doktorvater war Professor Dr. Helmut Dölker, damaliger Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts und Leiter der Württembergischen Landesstelle für Volkskunde in Stuttgart, welcher schon die städtische Auftragsarbeit begleitet hatte. Anlass für die Kontaktaufnahme des Kulturamts mit Professor Dölker 1954 war der Wunsch des Tübinger Gemeinderats gewesen, ihm Vorschläge für die Benennung von Straßen zu unterbreiten.
Die Veröffentlichung der Dissertation von Hermann Rumpp (1929-2019) stellt für die Stadtgeschichtsforschung ein längst überfälliges, dringend zu füllendes Desiderat dar. Deshalb wird die wissenschaftliche Arbeit nun in unveränderter Form der interessierten Öffentlichkeit mit dem Einverständnis der Tochter Gisela Rumpp über das Internet zugänglich gemacht. Das bei der Universitätsbibliothek greifbare maschinenschriftliche Exemplar der Dissertation (Signatur: Universitätsbibliothek Tübingen Um 8781) und ein Übersichtsplan (Signatur: StadtA Tü D30/K3549) aus dem Nachlass Rumpps stehen auf dieser Seite als PDF-Dateien zum Download zur Verfügung. Der Plan teils mit handschriftlichen Ergänzungen von Hermann Rumpp bietet zur Lage aller ermittelten Flurnamen den einzigen existierenden Gesamtüberblick.
Auch wenn seit 1961 weitere Literatur zum Thema erschienen ist, so hat der eigentliche Flurnamenteil der Dissertation nicht an Bedeutung verloren und bildet immer noch eine grundlegende Basis für Forschungsarbeiten. Neben archivalischen Quellennachweisen ist bei noch lebenden Flurnamen die Lautumschrift erwähnt, was für die Namensdeutung essentiell ist, da die von der Tübinger Bevölkerung gebildeten Flurnamen überwiegend mündlich weitergegeben wurden. Außerdem ist die Lage auf der Gemarkung bezeichnet, die bei nicht mehr bekannten Namen teils erschlossen werden konnte.
Viele Flurnamen sind in den vergangenen Jahren durch Überbauung, Umlegung oder Umstrukturierung der Landwirtschaft verloren gegangen. Deshalb sind die von Rumpp gesammelten Flurnamen oft einzigartige Zeugnisse für die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, sowie für die Sozial- und Rechtsgeschichte Tübingens. Sie spiegeln topographische Gegebenheiten und verweisen auf frühere Einwohner, Berufsbezeichnungen, Brunnen, Mühlen, Tore, Keltern und landwirtschaftliche Nutzungen, Steinbrüche oder Siedlungen.
Weitere Informationen
- Einführung der Tochter Gisela Rumpp (PDF-Datei)
- Hermann Rumpp: Die Flurnamen von Tübingen, 358 Seiten, Tübingen 1961. Downloadlink für die Dissertation (19 MB),
- Downloadlink für den zugehörigen Übersichtsplan der Tübinger Gemarkung (14 MB)