Schloss: Bohnenberger und Nörrenberg
Station im Stadtrundgang: Wissenschaftsstadt Tübingen
Land vermessen und erstmals fotografiert
Nachdem die Festung Hohentübingen im 18. Jahrhundert ihre militärische Bedeutung verloren hatte, wurde das alte Gemäuer Stück für Stück der Universität überlassen. Die Sternwarte wurde 1752 im Nordostturm eingerichtet. Der Astronom Johann Gottlieb Friedrich Bohnenberger leitete von hier aus im 19. Jahrhundert die wissenschaftliche Vermessung Württembergs. Praktischerweise legte er den Nullpunkt für die Kartierung in sein hoch über der Stadt gelegenes Büro. Bis heute sind sämtliche württembergischen Flurkarten auf diesen Nullpunkt hin ausgerichtet. Als der Begründer der Landesvermessung 1831 starb, reimte man in Tübingen: „Die Sternwarte ist jetzt verwaist / seit Bohnenberger den Himmel selbst bereist.“
Bohnenbergers Lehrstuhl blieb nicht lange verwaist. 1832 wurde der Physiker Johann Gottlieb Christian Nörrenberg als Nachfolger berufen. Nörrenberg war Praktiker, konstruierte Apparaturen (1827 eine Kaffemaschine!) und schliff eigenhändig Linsen. Seine physikalischen und chemischen Kenntnisse hatte er von 1829 bis 1832 bei einem Aufenthalt in Frankreich erweitert. So nimmt es nicht Wunder, dass er bereits wenige Tage nach der Erfindung der Daguerrotypie in Paris, das Verfahren kannte und beherrschte. Auf diese Weise entstanden 1839 auf dem Tübinger Schloss die vermutlich ersten Fotografien in Deutschland. Eine davon verwahrt heute das Tübinger Stadtmuseum.