Polizei und Verfolgung im Nationalsozialismus
Station im Stadtrundgang: Geschichtspfad zum Nationalsozialismus
Münzgasse 13
Stele Nr. 5
Das Haus Münzgasse 13 war ab 1936 der Sitz der Tübinger Polizeidirektion. Hier befanden sich auch die Außenstellen der Kriminalpolizei und der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Diese organisierten maßgeblich die Verfolgung von politischen Gegnern, kirchlichen Oppositionellen, Juden, Sinti, Zwangsarbeitern, Homosexuellen und „Asozialen“.
Frühe Verhaftungen
Die Polizei und die nationalsozialistischen Parteiverbände SA und SS verhafteten bereits im Frühjahr 1933 in Tübingen 27 politische Gegner, insbesondere Kommunisten und Sozialdemokraten, und verschleppten sie in das Konzentrationslager Heuberg. Nach ihrer Entlassung mussten die Betroffenen sich regelmäßig bei der Polizeidirektion melden. Ab Anfang 1934 war die neugegründete Außenstelle der Württembergischen Politischen Polizei (ab 1936 Gestapo) für die Verfolgung politischer Gegner zuständig.
Deportationen
Die Gestapo plante ab 1941 mit Unterstützung der Schutzpolizei die Deportationen der Juden. Verschiedene Institutionen waren an den Deportationen beteiligt. Die Deportationsbefehle der Gestapo Stuttgart liefen über den Landrat und die Polizeidirektion. Die Gestapo beschlagnahmte den Besitz und versiegelte die Wohnungen, das Finanzamt verwertete das Eigentum der Opfer. Eine erste Deportation von zwei Jüdinnen führte im Dezember 1941 in das KZ-Ghetto Riga, im August 1942 wurden dann alle fünf noch in Tübingen lebenden Juden in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt; niemand von ihnen überlebte. Eine Tübinger Jüdin, Klara Wallensteiner, hatte sich zuvor dem Transport durch Freitod entzogen. Insgesamt 22 aus Tübingen stammende Juden wurden deportiert. Nur zwei überlebten die Shoah.
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Die Polizeidirektion in der Münzgasse 13, Foto undatiert, Stadtarchiv Tübingen/Walter Kleinfeldt
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Herbert Kappler (1907–1978) leitete von 1934 bis 1938 die Gestapo-Außenstelle Tübingen. Als Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD von Rom organisierte er ab 1943 die Deportation der dortigen jüdischen Bevölkerung und am 24. März 1944 die Erschießung von 335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen nahe Rom. Foto: Bundesarchiv Berlin
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Transportliste zur Deportation der Tübinger Juden. Im ersten Transport nach Riga Anfang Dezember 1941 befanden sich Ilse Bloch-Löwenstein und Sofie Berlitzheimer. Polizeichef Friedrich Bücheler konnte zunächst die Streichung der kranken Elfriede Spiro von der Transportliste erreichen. Bild: Stadtarchiv Tübingen