Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen
Station im Stadtrundgang: Geschichtspfad zum Nationalsozialismus
Güterbahnhof, Eisenbahnstrasse 21
Stele Nr. 16
Der Tübinger Güterbahnhof wurde 1913 in Betrieb genommen. Im Zweiten Weltkrieg war er der wichtigste Umschlagplatz für Truppen und Kriegsgüter in der Region. Das Be- und Entladen der Waggons mussten ab September 1942 etwa 30 sowjetische Kriegsgefangene verrichten. Bei der Arbeit wurden sie von den Wachmannschaften kontrolliert.
Die insgesamt 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen im deutschen Machtbereich hatten unter einer dreifachen Diskriminierung zu leiden: als militärische Gegner, als „bolschewistisch verseucht“ und als „slawische Untermenschen“. Aufgrund ihrer entsprechenden Behandlung kamen 3,3 Millionen von ihnen „in deutschem Gewahrsam“ um.
Viel Arbeit, wenig Essen
In Tübingen mussten die sowjetischen Kriegsgefangenen durchschnittlich 60 Stunden in der Woche arbeiten. Die Fleischrationen sollten ihnen laut dem Tübinger Ernährungsamt „möglichst als Pferde- und Freibankfleisch“ ausgegeben werden. Eine Tübingerin erinnert sich: „Da ist ein Zug gekommen mit gefangenen Russen, und das war so schrecklich, das werd’ ich mein Leben lang nicht vergessen. Die haben kaum laufen können und waren schon zu Skeletten abgemagert“.
Seiner militärischen Bedeutung wegen war der Güterbahnhof Ziel alliierter Bombenangriffe, der schwerste erfolgte am 17. April 1945. Dabei starb der 25-jährige Michail Kusmin, der aus Smolensk stammte. Zwei Tage nach dem Bombenangriff wurde Tübingen durch französische Truppen befreit.