Stadtmuseum Tübingen möchte mit drei Wechselausstellungen an den Erfolg des Vorjahres anknüpfen
Pressemitteilung vom 28.01.2014
Das Stadtmuseum blickt auf ein erfolgreiches Ausstellungsjahr zurück. 33.000 Gäste zählte das Museum 2013 – und damit 45 Prozent oder 10.000 Besucher mehr als 2012. „Das setzt Maßstäbe für die nächsten Jahre, die wir hoffentlich auch weiterhin erfüllen“, sagte Museumsleiterin Wiebke Ratzeburg beim Jahrespressegespräch.
Ein besonderer Publikumsmagnet unter den sechs Wechselausstellungen des vergangenen Jahres war die Familienausstellung „Tierisch belebt. Wilde Tiere in der Stadt“. Motiviert auch durch diesen Zuspruch eröffnet das Stadtmuseum im Februar 2014 den neuen Kinderbereich „Kids im Stadtmuseum“. Doch auch schwierige Themen haben ihren Platz im Stadtmuseum. So thematisierte die Fotoausstellung „Pinky Promise“ des Südafrikanischen Künstlers Pierre Croquet sexuelle Gewalt an Kindern. Eine Podiumsdiskussion mit Fachleuten machte deutlich, dass Aufklärung und Information auf diesem Gebiet nach wie vor notwendig sind. Ein breitgefächertes Veranstaltungsprogramm traf auf ein interessiertes Publikum und trug zum Besucherrekord bei.
Im Jahr 2014 präsentiert das Stadtmuseum Tübingen drei große Sonderausstellungen. Den Beginn macht wiederum eine Familienausstellung.
„Spielend glauben. Religion im Kinderzimmer“
22. Februar bis 22. Juni 2014
Spielend erkunden Kinder die Welt und lernen sie zu verstehen. Diesen Sachverhalt nutzen Religionen, um religiöses Wissen an Kinder zu vermitteln. Die thematischen Einheiten der Ausstellung beschäftigen sich mit Gotteshäusern und Ritualen, mit Festen und deren Ursprüngen, mit Kleidungsvorschriften und Speiseregeln. In einem eigenständigen Bereich sind Fotografien der Stuttgarter Fotokünstlerin Sabine Braun zu sehen, die sich mit der Lebensgestaltung in verschiedenen Religionen auseinandersetzt: In die Fotografie eines neutralen Puppenstubenzimmers hat sie religiöse Gegenständen montiert, so dass elf unterschiedliche Räume entstehen: beispielsweise das fiktive Schlafzimmer einer Katholikin, Buddhistin oder Shintoistin.
Manchmal verschwimmt die Grenze zwischen Ritualgegenständen und Spielsachen. Ein Beispiel hierfür sind die in der Ausstellung gezeigten Kachina-Figuren der nordamerikanischen Hopi-Indianer. Mit ihnen wird Kindern religiöses Wissen vermittelt; gleichzeitig stellen diese Figuren die Geister der Natur und Ahnen selbst dar und werden als Ritualgegenstände verehrt. Speziell für die religionspädagogische Verwendung angefertigte Spielsachen tauchen in Europa im 18. Jahrhundert auf und decken vorrangig den christlichen Bereich ab, beispielsweise mit Kinderaltären, Bibelquartetten oder Nonnenpuppen.
Andere Religionen entwickelten ebenfalls religiöse Spiele: Am jüdischen Lichterfest Chanukka wird mit dem Dreidel gespielt, einem Kreisel mit vier Seiten, die mit je einem hebräischen Buchstaben beschrieben sind. Diese verlangen den Spielern unterschiedliche Aktionen ab, je nachdem, auf welcher Seite der Kreisel zum Liegen kommt. Am hinduistischen Neujahrsfest Divali wird das Kartenspiel Ganjifa gespielt, das die zehn Inkarnationen Vishnus zeigt. Religiöses Fest, Ritual und Spiel gehen dabei ineinander über.
Mit Bauklötzen und Brettspielen können die Besucher selber aktiv werden. Sie können Modelle von Gotteshäusern bauen oder sich mit auf eine „Reise in die Ewigkeit“ begeben. An Hör-stationen gehen Kinder der Frage nach, wie die Welt entstanden ist oder welche Rolle der Glaube im Alltag spielt.
Ansprechperson: Anne Ewert
Kooperationspartner: Diözesanmuseum Rottenburg und Radio „Wüste Welle“.
KASSIERE und REGIERE!
Die Mitmachausstellung zu 500 Jahren Tübinger Vertrag
5. Juni bis 2. November 2014
Zahlreiche Veranstaltungen in Württemberg informieren über die Ereignisse der Landesgeschichte von vor 500 Jahren. In Tübingen zeigt die Kunsthalle eine große historische Ausstellung zum Tübinger Vertrag, vier Remstal-Gemeinden beleuchten die Ereignisse um den Bauernaufstand „Armer Konrad“. Das Stadtmuseum Tübingen trägt das Thema der Staatsfinanzen und des Herrschens auf spielerische Weise in die Gegenwart:
In der Mitmachausstellung schlüpfen die Museumsgäste in die Rolle heutiger Politiker: Sie erhalten ein Säckel Münzen und die Macht, einmal ganz allein über die öffentlichen Ausgaben zu entscheiden. Sobald die eigens zu diesem Zweck geprägten Münzen in einen Themen-Automaten geworfen werden, beginnt der Ausbau des städtischen Lebens: Entscheidungen sind zu treffen und deren Konsequenzen sind abzuwägen.
Dabei erleben die Besucherinnen und Besucher am eigenen Leib die Lust und die Last des Geldausgebens für die Allgemeinheit. Am Schluss kann jeder überprüfen: Habe ich gut gewirtschaftet oder habe ich womöglich noch mehr Schulden gemacht als der Herzog vor 500 Jahren? Im „Bürgerforum“ können sich die Besucherinnen und Besucher über heutige Möglichkeiten der Partizipation informieren – jenseits von Staatsfinanzen, sondern im Sinne des bürgerschaftlichen Engagements.
In der historischen Dauerausstellung des Stadtmuseums können die Gäste die Ereignisse vor 500 Jahren mit einem Audioguide lebendig nachvollziehen: Wie würden Herzog Ulrich, der Stadtvogt Konrad Breuning und eine Tübinger Marktfrau uns heute und aus ihrer Sicht die turbulenten Ereignisse um 1514 schildern? Das Stadtmuseum hat diesen Personen historische Aussagen in den Mund gelegt. Diesen können die Besucher auf dem Audioguide zuhören, während sie durch die stadtgeschichtliche Ausstellung mit ihren Originalobjekten aus jener Zeit schlendern.
Konzerte, Theater, wissenschaftliche Tagung, ein Familientag sowie ein langer Samstag des Tübinger Vertrages am 12. Juni runden die Ausstellung ab.
Ansprechpersonen: Wiebke Ratzeburg, Guido Szymanska, Daniela Übelhör
Der fotografierte Krieg.
Der Erste Weltkrieg zwischen Dokumentation und Propaganda
15. November 2014 bis 1. März 2015
Die Ausstellung „Der fotografierte Krieg“ stellt die fotografische Wiedergabe des Ersten Weltkrieges ins Zentrum, um dem Ereignis von epochaler Bedeutung für ein breites Publikum ein Gesicht zu geben.
Der planvolle massenhafte Verschleiß von Menschen und Material wurde zum bezeichnenden Merkmal dieses ersten modernen Krieges, genau wie der erstmalige gezielte Einsatz sämtlicher Medien, wie Fotografie und Radio. Medien, die zumeist erst seit wenigen Jahren oder Jahrzehnten in Gebrauch waren, wurden in großem Umfang militärstrategisch und politisch genutzt. So wurden nicht mehr allein die klassischen Gattungen Literatur und bildende Kunst zu Propagandazwecken verwandt, die schon frühere Kriege begleitet hatten. Erstmals wurde in breitem Umfang auch die Fotografie eingesetzt, zum einen aus strategischen Gründen, um den Frontverlauf, die feindlichen Stellungen und das Gelände zu dokumentieren, zum anderen zu propagandistischen Zwecken. Dabei umfasste das, was man „Kriegsfotografie“ nannte, nicht allein militärische Geländeaufnahmen oder die in Auftrag gegebenen Bilder gelernter Fotografen, sondern auch schlichte Aufnahmen fotografischer Laien ohne jeden künstlerischen Anspruch. Damit wurde erstmals ein Krieg nicht nur im Auftrag der Mächtigen visuell dokumentiert, sondern durch eine große Zahl mehr oder weniger professioneller Augenzeugen. Das motivische Spektrum der Aufnahmen ist dank der großen Zahl erhaltener Fotos erstaunlich breit.
Diese Bandbreite fotografischer Zeugnisse zeigt die Ausstellung in unterschiedlichen Abteilungen: die Themen Tod und Propaganda, der Kriegsausbruch mit dem Ausmarsch, die Front, Bilder der Etappe, Landschaftsaufnahmen, Dokumente von Kameradschaft sowie die Heimatfront. Schließlich sind durch die Fotos der Nachkriegszeit die politische Verarbeitung, das Studentenbataillon sowie die Propaganda für und gegen den Krieg dokumentiert.
Ein weiterer, bisher selten thematisierter Bereich sind Fotodokumente von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit. Durch die Städtepartnerschaft Tübingens mit Petrosawodsk wird erstmals möglich, eine Sammlung von Fotografien und Tagebuchnotizen vom Karelischen Landesmuseum nach Deutschland zu entleihen. Diese zeigen die Bedingungen, unter denen über 70.000 Kriegsgefangene am Bau der kriegswichtigen „Murman“- Eisenbahn mitarbeiten mussten.
Neben den Leihgaben aus Petrosawodsk werden die Fotografien, Postkarten und Alben aus städtischem Besitz durch Leihgaben aus Privatsammlungen komplettiert. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Ansprechperson: Dr. Evamarie Blattner
Kooperationspartner: Stadtarchiv Tübingen, Staatliche Akademie der Künste Stuttgart
Kids im Stadtmuseum
Eröffnung eines neuen Workshop-Bereichs für Kinder und Erwachsene
Am Sonntag, 9. Februar 2014 öffnet nach fast einjähriger Planung der Kinderbereich im ersten Stock seine Pforten. In enger Anlehnung an die Dauerausstellung zur Scherenschnittkünstlerin Lotte Reiniger können kleine und große Gäste hier selbst aktiv werden.
Vom Scherenschnitt über das Silhouettenbild bis hin zum Schattentheater reicht das Angebot. Eine gemütliche Leseecke lädt zum Verweilen und Schmökern ein. Während der Öffnungszeiten des Museums sind Kinder in Begleitung ihrer Eltern stets willkommen. Jeden Sonntag von 13 bis 17 Uhr gibt es außerdem ein betreutes Angebot mit Filmen, Vorlesen oder Schattentheater, sowie Kreativangeboten vom Malen mit Schablonen bis hin zur Erstellung eines Trickfilmes unter Anleitung von erfahrenen Museumspädagoginnen.
Die Einrichtung des Kinderbereichs wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Kreisparkasse Tübingen und des Vereins der Freunde des Stadtmuseums.
Ansprechperson: Wiebke Ratzeburg
Stadtmuseum Tübingen
Kornhausstraße 10, 72070 Tübingen
Telefon 07071 204-1711
Fax 07071 204-1797
E-Mail stadtmuseum@tuebingen.de
Homepage: www.tuebingen.de/stadtmuseum
Bilder für die Berichterstattung: www.tuebingen.de/pressebilder