Evangelisches Stift
Station im Stadtrundgang: Stadtrundgang zu den Spuren jüdischen Lebens
Kein Zufluchtsort für Juden während der NS-Zeit
Die traditionsreiche Ausbildungsstätte für evangelische Pfarrer in Württemberg erwies sich zu Beginn der NS-Zeit keineswegs als Schutz vor nationalsozialistischer Verfolgung oder auch nur als ein Rückzugsort vor der allgegenwärtigen Progaganda. Mit der Einführung des "Arierparagraphen" kam das Stift der NS-Regierung sogar zuvor. Noch bevor diese die "Nürnberger Gesetze" in Kraft setzte, schloss die Einrichtung der Evangelischen Landeskirche "nichtarische" Theologiestudenten vom Wohnrecht aus. Im 18. und 19. Jahrhundert erhielten dagegen vereinzelt getaufte Juden das Stipendium, wie Christoph Bernard, der später dort auch als Lektor tätig war.
Martin Buber widerspricht Gerhard Kittel
Schon im Sommer 1933 publizierte der evangelische Theologieprofessor Gerhard Kittel (1888-1948), NSDAP-Mitglied, seinen Tübinger Vortrag zur "Judenfrage", für die er als Lösung einen "Gaststatus für Juden", die Aufhebung von Emanzipation und Assimilation durch eine "Fremdengesetzgebung" vorschlug. Martin Buber (1878-1965) widersprach dem renommierten Neutestamentler in einem offenen Brief. Der bekannte jüdische Gelehrte, der 1928/29 im jüdischen Lehrhaus in Stuttgart den ersten öffentlichen Dialog zwischen Juden und Christen geführt hatte, stellte unmissverständlich klar: „Einen Gehorsam unter die Fremdlingsherrschaft... gebietet er (Gott) uns nicht... Der ewige Jude ist eine christliche Sagengestalt, nicht eine jüdische.“