Synagoge, Gartenstraße 33
Station im Stadtrundgang: Stadtrundgang zu den Spuren jüdischen Lebens
1882 erbaut und eingeweiht
Der Mittelpunkt der neuen Tübinger Gemeinde, zu der auch die Reutlinger Juden gehörten, war die 1882 errichtete Synagoge, ein von Außen schlichter Bau mit der im Innern damals üblichen Frauen-Empore.
Bezirksrabbiner Dr. Michael Silberstein bei der Einweihung der Synagoge am 8. Dezember 1882: „Mögest du, o Gott, wie Du es verheißen hast, hier nahe sein allen deinen Kindern, nicht nur dem Glaubens-, nein, auch dem Menschenbruder, erhöre sein Flehen, in welcher Sprache und Zunge er auch zu dir bete, sei ihm gnädig, welchem Volk er auch entstamme, denn also hast du einst gesprochen: mein Haus soll den Namen 'Bethaus für alle Völker' tragen.“
Die zu Anfang des 20. Jahrhunderts rund 100 Mitglieder zählende Gemeinde konnte sich als besoldeten Kultusbeamten nur einen Vorsänger, der zugleich auch das Amt des Religionslehrers versah, nicht aber einen Rabbiner leisten.
Reichspogromnacht 1938
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 demolierten und plünderten SA- und SS-Männer im Zuge des reichsweit angeordneten Pogroms das jüdische Bet- und Lehrhaus. Auf Befehl des Kreisleiters setzten drei untergeordnete NSDAP-Funktionäre in den frühen Morgenstunden den Innenraum in Brand. Das Gebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Fünf Tübinger Juden wurden anschließend verhaftet und für mehrere Wochen nach Dachau verschleppt. Zwei starben später an den Folgen der Misshandlungen.
Gemeinde löst sich auf,
Stadt erwirbt Grundstück
Die durch Emigrationen dezimierte Jüdische Gemeinde musste sich im März 1939 auflösen, nachdem sie zuvor noch den vollständigen Abbruch ihrer zerstörten Synagoge zu zahlen hatte. Das Grundstück erwarb, weit unter seinem Wert, die Stadt Tübingen. 1949 an die Israelitische Kultusgemeinde restituiert, verkaufte es diese 1951 an einen Privatmann, der darauf ein Wohnhaus errichtete.
Gedenken und erinnern
Jahrzehntelang "erinnerte" an die einstige Synagoge lediglich ein Rest des alten Gartenzauns. Erst zum 9. November 1978 brachte die Stadt eine Gedenktafel an einem benachbarten Brunnen an, der allerdings keinerlei Zusammenhang mit der Jüdischen Gemeinde hatte. Die Empörung über die nichtssagende Inschrift führte ein Jahr später zu einer weiteren Tafel: "Zum Gedenken an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Mitbürger in den Jahren 1933-45". Täter und Urheberschaft ließ auch sie im Dunkeln.