Rechtliche und technische Informationen
Das Europäische Parlament hat 2002 mit der Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm ein Konzept vorgelegt, um die Lärmbelastung der Bürgerinnen und Bürger zu mindern. Auf Grundlage der Ergebnisse von Lärmkarten werden Lärmaktionspläne erstellt. Sie haben das Ziel, „den Umgebungslärm soweit erforderlich und insbesondere in Fällen, in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann, zu verhindern und zu mindern und die Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zufriedenstellend ist“.
Die Europäische Richtlinie wurde über das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG, §§ 47 a-f) und die Verordnung über die Lärmkartierung (34. Bundes-Immissionsschutzverordnung, BImSchV) in deutsches Recht umgesetzt. Nach der 34. BImSchV werden Lärmwerte ausgehend von Straßen und Schienen berechnet und kartiert. Auf dieser Grundlage entwickeln die Beteiligten Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms in der Umgebung der Quellen.
Berechnungsverfahren
Die Berechnungen erfolgten nach den Vorgaben der EU-Umgebungslärmrichtlinie und den dafür geschaffenen europäischen Rechenverfahren. Es handelt sich hier um standardisierte Modellberechnungen und keine Messungen. Weder die EU-Umgebungslärmrichtlinie noch das Gesetz zu deren Umsetzung enthalten Grenzwerte, ab deren Überschreitung Schallschutzmaßnahmen durchzuführen sind. Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hat dazu ergänzend in einem Erlass sogenannte Auslösewerte definiert. Das Ministerium empfiehlt, Gebiete mit einem Lärmpegel (LDEN) von mehr als 65 Dezibel (A) tagsüber bzw. einem Lärmpegel (LNIGHT) von mehr als 55 Dezibel (A) nachts in einen Lärmaktionsplan einzubeziehen. Allerdings sollen bei der näheren Betrachtung die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen angewendet werden. Ergeben sich bei der Lärmkartierung nach der RLS Immissionsbelastungen ab 70 Dezibel (A) tagsüber bzw. 60 Dezibel (A) nachts, kommen hier straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen infrage. In Gewerbegebieten erfolgt ein Zuschlag von 5 Dezibel (A).
Rechtswirkung eines Lärmaktionsplans
Maßnahmen in Lärmaktionsplänen sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder nach anderen Rechtsvorschriften (zum Beispiel Planungs-, Bau- oder Straßenverkehrsrecht) durchzusetzen (§ 47 BImSchG). Der Lärmaktionsplan für sich selbst stellt keine eigenständige Rechtsgrundlage dar, nach der Lärmminderungsmaßnahmen durchgesetzt werden können.
Der Lärmaktionsplan entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung für oder gegen die Bürgerin oder den Bürger. Für die öffentliche Verwaltung ist er insofern verbindlich, dass sie ihn bei planungsrechtlichen Festsetzungen, etwa bei der Aufstellung eines Bebauungsplans, bei der Abwägung der verschiedenen Belange zu berücksichtigen hat.
Die Bürgerin oder der Bürger hat keine Möglichkeit, bestimmte im Lärmaktionsplan genannte Maßnahmen auf dem Rechtsweg einzufordern. Aus einem Lärmaktionsplan allein lässt sich nicht ableiten, dass eine bestimmte Planung oder eine Anlage, etwa eine Lärmschutzwand, realisiert werden muss.
Weitere Informationen
Lärmaktionsplan Universitätsstadt Tübingen – Rechtliche und technische Informationen