Eduard-Spranger-Straße
Eduard Spranger (1882–1963)
benannt 1964
Der Philosoph, Pädagoge und Psychologe Eduard Spranger gilt als Mitbegründer der Pädagogik als eigenständige akademische Disziplin. Durch seine Schriften, seine öffentlichen Debattenbeiträge, sein institutionelles Wirken und seine Tätigkeit als politischer Berater nahm er wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Lehrerausbildung in Deutschland. In der Zwischenkriegszeit war er zunächst Ordinarius in Leipzig, dann in Berlin. Er war ein angesehener Hochschullehrer. Im April 1933 verzichtete er nach Konflikten mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und seiner Nichtberücksichtigung bei hochschulpolitischen Weichenstellungen auf seinen Lehrstuhl, nahm seinen Rücktritt dann aber wieder zurück. Der NSDAP trat er nicht bei. Jedoch trat er – noch kurz vor dessen Eingliederung in die SA – dem deutschnationalen, republikfeindlichen Kampfbund Stahlhelm bei. Seit 1934 war er Mitglied der Berliner Mittwochsgesellschaft, in der sich regimekritische, aber national gesinnte Wissenschaftler regelmäßig miteinander trafen und austauschten. Nach dem Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er aufgrund dieser Kontakte kurzzeitig inhaftiert.
Nach dem Krieg galt Spranger daher als politisch integer, weshalb er von Juni bis Oktober 1945 als kommissarischer Rektor der Universität Berlin fungierte. 1946 nahm er einen von Carlo Schmid und Theodor Heuss initiierten Ruf auf eine Professur für Philosophie an der Universität Tübingen an, wo er noch Jahre über seine Emeritierung 1950 hinaus lehrte. Sprangers Berufung, die nicht zuletzt aufgrund seiner widerständischen Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus und seinem Nimbus als Reformpädagoge erfolgte, wurde daher zeitgenössisch als ein besonderer Coup der ambitionierten Kultur- und Hochschulpolitik der französischen Besatzer wahrgenommen. Nachdem Spranger zuvor bereits das Große Bundesverdienstkreuz erhalten hatte und mit der Goldenen Bürgermedaille ausgezeichnet worden war, ehrte ihn die Stadt wenige Monate nach seinem Tod mit einem Straßennamen. Ethisch problematisch erscheint diese Ehrung aus heutiger Sicht wegen zahlreicher völkisch-nationalistischer, militaristischer und antiliberaler, mitunter auch frauen- und demokratiefeindlicher Passagen in Sprangers Schriften und Äußerungen der Zwischenkriegszeit. Außerdem lassen seine aktive Beteiligung an der Entlassung Theodor Lessings durch die Universität Hannover 1925/26 und seine tonangebende Rolle beim Ausschluss jüdischer Mitglieder aus der Berliner Ortsgruppe der Goethe-Gesellschaft 1938 auf eine antisemitische Grundhaltung schließen, die konkrete Konsequenzen für die Betroffenen haben konnte.