Bismarckstraße
Otto von Bismarck (1815–1898)
benannt 1912
Otto von Bismarck gilt als prägendster deutscher Staatsmann des 19. Jahrhunderts. Als „Eiserner Kanzler“ wird er bis heute – etwa durch zahlreiche Denkmäler oder Straßennamen – geehrt. Auf der anderen Seite weisen zahlreiche kritische Stimmen auf die negativen Auswirkungen seines politischen Handelns hin.
Nach seinem Eintritt in den Preußischen Landtag im Jahr 1847 machte der konservative Jurist im Revolutionsjahr 1848/49 als Verfechter der Monarchie auf sich aufmerksam und wurde unter anderem als Gesandter in Frankreich und Russland eingesetzt. 1862 folgte die Ernennung zum preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister. In dieser Funktion führte er die drei „Einigungskriege“ – 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und schließlich 1870/71 gegen Frankreich – an dessen Ende 1871 die Reichsgründung und seine Ernennung zum Reichskanzler stand. 1890 wurde er nach einem Streit mit Kaiser Wilhelm II. entlassen.
Nach 1871 betrieb Bismarck außenpolitisch eine Politik des Ausgleichs und der Bündnisdiplomatie, die die Bewahrung der Reichseinigung und den Frieden in Europa zum Ziel hatten. Mit Blick auf seine Kolonialpolitik wird Bismarck ambivalent bewertet. Persönlich ein Gegner deutscher kolonialer Bestrebungen und nicht überzeugt von den wirtschaftlichen Verheißungen überseeischen Besitzes, führte seine Politik dennoch zur Gründung des deutschen Kolonialreiches mit all seinen negativen Begleiterscheinungen. Er wurde zu einer zentralen Figur bei der Aufteilung Afrikas im ausgehenden 19. Jahrhundert, deren Folgen bis heute sichtbar sind.
Innenpolitisch verfolgte Bismarck eine repressive Politik; von Parlamentarismus und Demokratie hielt er als Anhänger der Monarchie nichts. Im „Kulturkampf“ zwischen Staat und Kirche versuchte er den politischen Katholizismus mit der Zentrumspartei zurückzudrängen, das „Sozialistengesetz“ von 1878 zielte darauf ab, die Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Auf der anderen Seite steht mit der Einführung einer fortschrittlichen und weltweit einzigartigen Kranken-, Unfall- und Altersversicherung seine Sozialgesetzgebung der 1880er Jahre, mit der er zwar vor allem die Sozialdemokratie schwächen wollte, mit der er aber gleichzeitig die Grundlage des modernen Sozialstaats schuf.
Die Benennung von Straßen nach Bismarck wurde bereits andernorts intensiv diskutiert, in der Regel aber ohne dass eine Umbenennung erfolgt wäre. In der geschichtswissenschaftlichen Forschung, wie der historisch-politischen Bildung, ist heute ein differenzierter, kritischer Blick auf seine Person und seine Politik – verortet in ihrem historischen Kontext – vorherrschend.