Eduard-Haber-Straße
Eduard Haber (1866–1947)
benannt 1936
Eduard Haber entschied sich 1901 aus freien Stücken für eine Karriere im Kolonialdienst. Im damaligen Deutsch-Ostafrika stieg er innerhalb kurzer Zeit zum Ersten Referenten des Gouvernements auf. Während seiner Tätigkeit in der dortigen Kolonialverwaltung schlug die deutsche „Schutztruppe“ unter Mithilfe einheimischer Hilfstruppen den sogenannten Maji-Maji-Aufstand nieder. Die dabei gewählte Strategie zielte darauf, den Aufständischen durch Plünderung und die Vernichtung landwirtschaftlicher Produktionsflächen ihre wirtschaftliche Basis zu entziehen. Die Forschung geht heute von bis zu 300.000 Opfern durch Kriegshandlungen und Hunger aus. Von 1907 an arbeitete Haber als Vortragender Rat im Berliner Reichskolonialamt. Im Januar 1914 wurde er zum Stellvertreter des Gouverneurs von Deutsch-Neuguinea ernannt. Faktisch übernahm er dort bis zur Kapitulation der deutschen Verwaltung im Oktober 1914 die Amtsgeschäfte des erkrankten Gouverneurs Albert Hahl. Noch im Dezember 1917 wurde er offiziell zum Gouverneur von Deutsch-Neuguinea ernannt.
Nach Kriegsende diente er vorübergehend als Oberbefehlshaber eines Freikorps in Berlin. Danach betätigte er sich als Unternehmer und Dozent, seit 1929 als Lehrbeauftragter in Tübingen. Hier engagierte er sich nicht nur als engagierter Kolonialrevisionist, sondern auch schon vor 1933 als öffentlicher Fürsprecher Hitlers und der NS-Bewegung. Er war Mitglied in mehreren nationalsozialistischen Verbänden und Gliederungen. 1937 trat er auch in die NSDAP ein. Anlässlich seines 70. Geburtstags im Oktober ehrte ihn die Stadt Tübingen mit einem Straßennamen. Begründet wurde diese Ehrung damit, dass er „als Kolonialvorkämpfer und ein Vorkämpfer für die nationale Erhebung […] heute noch in vorderster Front Dienst für Volk und Vaterland leistet“ (StA Tübingen, A 150/3275). Von der Universität Tübingen wurde er gleichzeitig zum Ehrensenator ernannt.
Die Kommission ordnete Haber den ethischen Problemfeldern Kolonialismus, Rassismus, Unterstützung des NS-Regimes und Demokratiefeindlichkeit zu und empfahl die Straße umzubenennen. Im Abschlussbericht heißt es: „Haber hat als führender Repräsentant der deutschen Kolonialverwaltung, als Freikorpskämpfer und als überzeugtes Mitglied der NS-Bewegung aktiv an Unrechtsregimen mitgewirkt und die demokratische Ordnung untergraben. Sein rassistisches Weltbild hat er in Schrift, Wort und Tat dargelegt und propagiert.“
Der Gemeinderat beschloss im Dezember 2023, die Straße in Felicia-Langer-Straße umzubenennen. Felicia Langer (1930–2018) war eine deutsch-israelische Rechtsanwältin, Menschenrechtsaktivistin und Schriftstellerin. 1939 flüchtete sie mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten aus Polen. 1950 emigrierte sie nach Israel und eröffnete 1966 eine Anwaltskanzlei in Tel Aviv. In den folgenden Jahrzehnten trat Felicia Langer als Menschenrechtsanwältin hervor. Seit 1990 lebte sie in Tübingen. Sie und ihr Mann Mieciu Langer engagierten sich auch in Deutschland weiterhin für Recht und Gerechtigkeit sowie gegen Rassismus und Krieg. Für ihre Verdienste und ihren Einsatz für die Menschenrechte wurde Felicia Langer mehrfach ausgezeichnet, so mit dem Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“, 1990), dem Preis der Bruno-Kreisky-Stiftung in Wien (1991) und dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse.