1955–1974: Hans Gmelin
Hans Gmelin lebte von 1911 bis 1991 und war zwischen 1955 und 1974 Oberbürgermeister Tübingens.
Der 1911 in Tübingen geborene Hans Gmelin war einer der umstrittensten Oberbürgermeister der Nachkriegszeit. Gmelin war bereits in seiner Jugend und Studienzeit in Tübingen Teil zahlreicher rechter und rechtsradikaler Organisationen. Er trat 1933 in die SA und 1937 in die NSDAP ein – 1943 wurde er zum SA-Standartenführer ernannt. Als Jurist war er von 1937 bis 1939 unter anderem in Stuttgart und in Freiburg im Breisgau tätig, von 1941 im deutschen Gesandtschaftsrat in der Slowakei. Hier nahm er auch an Judenverfolgungen und Deportationen teil. Für seine Beteiligung an der Niederschlagung des Slowakischen Nationalaufstandes erhielt er das Eiserne Kreuz. Aufgrund einer Verbürgung wurde Gmelin im Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft und 1949 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.
Gmelin gewann die Stichwahl zum Oberbürgermeister 1954 mit 54,8 Prozent der Stimmen und löste Wolfgang Mülberger im Amt ab. Bereits während des Wahlkampfs war Gmelin aufgrund seiner NS-Vergangenheit eine hochumstrittene Persönlichkeit geworden. Darauf basierende Konflikte mit liberaleren Teilen der Bevölkerung – vor allem Studierenden – zeichneten seine Regierungszeit aus. Besonders in den 1960er-Jahren spitzte sich dies zu, als zum Beispiel 1966 ein Ermittlungsverfahren aufgrund der möglichen Kriegsverbrechen Gmelins eröffnet wurde. Im Kontrast dazu erhielt Gmelin im letzten Jahr seiner Amtszeit als Oberbürgermeister 1974 das Bundesverdienstkreuz, 1975 die Ehrenbürgerwürde Tübingens. 2018 wurde ihm diese wieder aberkannt. Erst in den letzten Jahren seines Lebens zeigte sich Gmelin reflektierter gegenüber seiner NS-Vergangenheit und bezeichnete sich öffentlich als Mitglied der „Tätergeneration“.
In die lange Amtszeit Gmelins fiel jedoch auch eine aktive deutsch-französische Annäherung der Stadt. Seit dem Jahr 1960 besteht eine Städtepartnerschaft zwischen Tübingen und Aix-en-Provence. Als eine der ersten derartigen Partnerschaften nach den Zerrüttungen des Kriegs wurden beide Städte 1965 mit dem Europapreis des Europarates ausgezeichnet. Auch weitere Städtepartnerschaften mit Aigle in der Schweiz, Ann Arbor in den USA und Durham in Großbritannien entstanden in Gmelins Regierungszeit. Gmelin starb 1991 in Tübingen.
Das Porträt
Das Porträt ist mit „G. Mayer“ und „1976“ signiert.