1874–1897: Julius Gös
Karl Julius Gös lebte von 1830 bis 1897 und war zwischen 1874 und 1897 Stadtschultheiß Tübingens.
Karl Julius Gös wurde in Aalen als Sohn eines Dekans geboren. Die Familie zog 1843 nach Tübingen. An der Universität Tübingen studierte Gös Jura und war anschließend als Rechtsanwalt tätig. In den 1860er-Jahren engagierte er sich vermehrt in der Kommunalpolitik und wurde schließlich 1874 zum Stadtschultheiß gewählt. Gös’ Lebenslauf und politische Orientierung war neu für das Bürgermeisteramt: Als liberaler Student, Bürgerlicher und bekennender Demokrat stand er im Widerspruch zu seinen konservativen Amtsvorgängern und führte den Wahlkampf als Mann der wissenschaftlichen Bildung mit zugleich politischem Geschick.
In Gös’ Amtszeit fielen zahlreiche größere Bauprojekte, darunter mehrere Klinken, das Hauptpostamt, der Kaiser-Wilhelm-Turm auf dem Österberg sowie Schulen und Amtsgebäude. Auch die Abwasserentsorgung und die städtische Infrastruktur allgemein wurden verbessert. Viele der Baumaßnahmen gingen auf einen zentralen Bebauungsplan von 1867 zurück. Daneben fassten unter Gös auch zahlreiche Reformen der Revolution von 1848 Fuß. So wuchs zum Beispiel die politische Parteivielfalt an, die Armenpflege und Fürsorge wurde ausgebaut und Frauenvereine gewannen an Bedeutung. Die erste standesamtliche Trauung 1876 in Tübingen führte Gös persönlich durch. Tübingen wurde im 19. Jahrhundert zu einer wichtigen Garnisonsstadt.
Der Stadtschultheiß setzte sich auch vermehrt für die Verschönerung des Stadtbildes ein und war bereits seit 1863 Geschäftsführer des „Verschönerungsvereins Tübingen“. Ziel der Vereinigung war der Ausbau von Spazierrouten, die Errichtung von Bänken und Schutzhütten und die Verschönerung des Stadtbildes. Gös verstarb 1897 im Amt.
Das Porträt
1940 wurden die Porträts der Oberbürgermeister Scheef, Gös und Haußer beim Maler Bernhard Schneider-Blumberg in Auftrag gegeben.