Jüdischer Friedhof Wankheim
Zwischen Wankheim und Kusterdingen liegt der alte jüdische Friedhof. Ab 1774 diente er zunächst der Gemeinde Wankheim, nach deren Verlegung nach Tübingen 1882 fanden auch Jüdinnen und Juden aus Tübingen dort ihre letzte Ruhestätte. Das älteste erhaltene Grab wurde 1788 angelegt, das jüngste 1941. Insgesamt 137 Grabsteine sind erhalten. Sie zeugen mit ihren hebräischen und deutschen Inschriften und ihren verschiedenen gestalterischen Formen vom jüdischen Leben in der Region im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Der Friedhof blieb jedoch von Schändungen nicht verschont: 1939 wurden 65 Grabsteine umgeworfen, weitere Schändungen gab es 1950, 1986 und zuletzt 1989.
Victor Marx, ein Tübinger Jude, der Deportation und Konzentrationslager überlebte, ließ 1946 auf dem Friedhof einen Gedenkstein für seine ermordeten Familienmitglieder und weitere Opfer aus Tübingen errichten. Der Stein erinnert heute als Mahnmal an die nationalsozialistischen Verbrechen, so wie der gesamte Friedhof heute gleichermaßen als Gedenkstätte und Kulturdenkmal dient.
Seit April 2024 steht vor dem Eingangstor zum Friedhof eine vom Künstler Jochen Meyder entworfene Stele, der ein Gedenkbuch beigefügt ist. Das Kreisarchiv Tübingen hat in nationalen und internationalen Archiven aufwändig für die Dokumentation recherchiert und die Lebensgeschichten von 56 Opfern der Shoa jeweils mit etwa 20 Anmerkungen belegt.
Nachdem 2021 ein Gutachten zum Ergebnis gekommen war, dass der Friedhof dringend sanierungsbedürftig ist, begannen nach einem längeren Abstimmungsprozess 2022 umfangreiche Sicherungs- und Sanierungsarbeiten, die Ende 2024 abgeschlossen wurden. Finanziert wird das rund 300.000 Euro teure Projekt von den Kommunen Kusterdingen, Tübingen und Reutlingen, den Landkreisen Tübingen und Reutlingen sowie von Landes- und Bundesbehörden. Zu verdanken ist dies insbesondere dem Engagement des Fördervereins für jüdische Kultur Tübingen, der nicht nur die Sanierung zu seiner Sache gemacht hatte, sondern, in Kooperation mit anderen Einrichtungen, auch regelmäßig durch Führungen und Informationsveranstaltung auf die Geschichte und Bedeutung des Friedhofs hinweist.
Weitere Informationen
Internetseite des Fördervereins für jüdische Kultur in Tübingen